Oliver Hankeln

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Bitcoins sind cool. Anonym, fälschungssicher, inflationsgeschützt, frei von staatlicher Einflußnahme…. außerdem passt noch eine ganze Ansammlung von Buzzwords zum Thema: skalierbar, verteilt, peer-to-peer, krypto, …. klingt toll, oder?

Klar: technisch ist das Ganze sehr cool und auch sehr spannend. Über die Vorteile der Währung ist auch schon sehr viel geschrieben worden. Ich will in diesem Post auf die Risiken und Probleme von Bitcoins eingehen.

Frei von staatlicher Kontrolle

Dieses Problem nenne ich zuerst, nicht, weil es das aus meiner Sicht Schwerwiegendste wäre, sondern weil es häufig angesprochen wird und weil es die Begründung für das Bestehen juristischer Probleme (siehe unten) ist. Bitcoins sind anonym, Zahlungsströme lassen sich damit nicht nachvollziehen, was offensichtlich staatlichen Kontrollbemühungen zuwider läuft. Ob Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder das Umgehen von Embargos: mit Bitcoins ist das alles kein Problem mehr. Für mich ist dieses Problem zwar real und nachvollziehbar, aber doch auch das unwichtigste.

Zum einen natürlich, weil ich mehr als nur ein bisschen Bauchschmerzen mit der zunehmenden Entwicklung unseres Staats zu einem Überwachungsstaat habe und deshalb jede Möglichkeit, ein Gegengewicht zu schaffen, positiv bewerte. Zum anderen ist das Problem der mangelnden Überwachbarkeit kein Neues: das gute alte Bargeld ist davon genauso betroffen – nicht umsonst sagten schon die alten Römer „Pecunia non olet“ – Geld stinkt nicht.

Juristische Probleme

Zuallererst: ich bin kein Jurist und meine Einschätzung kann gut völliger Quatsch sein. Über entsprechende Hinweise freue ich mich.

Im Arabischen Raum, Asien und Afrika gibt es ein Zahlungsystem namens Hawala. Vereinfacht funktioniert das so, dass ich mit 100€ zum Hawaladar (A) meines Vertrauens gehe (z.B. ein Juwelier hier ums Eck), dem gebe ich mein Geld und sage, dass das an meinen Freund in Syrien gehen soll. A ruft einen bekannten Hawaladar (B) vor Ort an, der das Geld (abzüglich einer kleinen Gebühr) dann an meinen Freund auszahlt. Die beiden Hawaladare verrechnen das dann untereinander mit späteren Transaktionen oder auch mit Warenlieferungen. Das System stammt zwar aus dem Mittelalter, hat aber mit Bitcoins die Aspekte: „billig“, „schnell“ und „keine staatliche Überwachung“ gemeinsam.

Billige und schnelle Überweisungen sind keine Problem, aber der Staat will aus oben genannten Gründen nicht auf die Überwachungsmöglichkeiten verzichten. Deshalb wurden bereits Hunderte von Strafverfahren gegen Hawaladare geführt. Wer in Deutschland gewerbsmäßig Zahlungsdienste anbieten will, braucht eine Genehmigung der BaFin. Ansonsten drohen drakonische Strafen nach §31 des „Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten“:

(1) Wer […] 2. ohne Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Zahlungsdienste erbringt, […] wird […] in den Fällen der Nummern 1, 2 und 2a mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. […]

Aus meiner Sicht erbringt jeder, der einen Block signiert, Zahlungsdienstleistungen, da ohne diese Signatur, die enthaltenen Transaktionen nicht durchgeführt worden wären. Das Minen im Pool scheint relativ risikoarm: im Gesetz steht nicht, dass bereits der Versuch strafbar sei; Probleme sollten sich also nur für die ergeben, die tatsächlich einen Block finden. Wie die Situation für die Poolbetreiber aussieht, ist mir noch nicht ganz klar: im Block tritt ja der Poolbetreiber als Zahlungsdienstleister auf, und tatsächlich fordert die Poolsoftware ja die Miner zum unterschreiben auf. Ob das für eine Anstiftung ausreicht, weiß ich aber nicht.

Deflation

Die Anzahl der Bitcoins, die jemals existieren werden, ist bei knapp 21 Millionen begrenzt (und das wird erst 2140 passieren). Bisher existieren ca. 6,5 Mio BTC, 50 BTC kommen alle 10 Minuten dazu, wobei diese Generierungsrate später immer weiter reduziert wird. Das heißt, dass Bitcoins dann wertvoller werden, wenn die auf Bitcoins basierende Wirtschaft schneller wächst, als mit der Generierungsgeschwindigkeit. Beim gegenwärtigen Kurs von ca. 10€/BTC darf die Bitcoinwirtschaft nur mit maximal 72000€ am Tag wachsen. Im Moment ist das recht viel (zu viel: der Kurs fällt seit ein paar Wochen), aber wenn Bitcoins wirklich globale Bedeutung erlangen, dann sind die 72000€ schnell erreicht und überschritten.

Das Problem mit Deflation ist dann, dass Leute, die Bitcoins haben, diese tendenziell eher behalten wollen, weil sie ja absehbar im Wert steigen, anstelle sie auszugeben. Wenn aber kein Geld ausgegeben wird, sondern nur gehortet, dann führt das unweigerlich zum Erliegen einer auf Bitcoins basierenden Wirtschaft. Die feste Rate der Gelderzeugung verhindert auch, dass konjunkturpolitische Maßnahmen ergriffen werden können, um den Markt zu stabilisieren. Alles in allem wirkt eine Bitcoin-Wirtschaft – sollte sie den aktuellen Liebhaberei-Status verlieren – sehr instabil.

Fazit

Neben den unbestrittenen Vorteilen von Bitcoins gibt es auch einige Nachteile, die bisher meiner Meinung nach noch nicht ausreichend diskutiert wurden. Ich halte das Bitcoin-System nicht für per se schlecht oder zum scheitern verurteilt, aber ich bin doch skeptisch, ob dieser fraglos interessante technische Ansatz sich auf breiter Basis durchsetzen wird (und auch, ob das überhaupt wünschenswert wäre). Was meint ihr? Bin ich nur ein Schwarzseher? Seht ihr andere Probleme? Habt ihr Lösungen? Über Kommentare freue ich mich!

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